Manchmal gar im Bad - Verborgene Schätze von Gerhard Richter (2024)

Düsseldorf - Sie hängen im Esszimmer, Schlafzimmer und manchmal sogar im Bad: Im Rheinland hüten besonders viele Kunstsammlerinnen und -sammler seit Jahrzehnten verborgene Schätze des mittlerweile 92-jährigen Malers Gerhard Richter. Der Kunstpalast in Düsseldorf präsentiert seltene und teils noch nie gezeigte Werke Richters aus rheinischen Privatsammlungen ab Donnerstag erstmals in einer großen Ausstellung.

Der Richter-Experte und Kurator Markus Heinzelmann hat zweieinhalb Jahre bei privaten Sammlern recherchiert, ihre Häuser betreten und Richter-Werke in den erstaunlichsten Räumen entdeckt. Viele Hüter der verborgenen Schätze konnte er überzeugen, ihre „Familienbilder“ vorübergehend dem Kunstpalast anzuvertrauen.

Richter und das Rheinland

Richters künstlerische Karriere ist eng mit dem Rheinland verwoben. Er flüchtete 1961 aus Dresden in den Westen und studierte an der Düsseldorfer Kunstakademie, wo er später mehr als 20 Jahre als Professor lehrte. Das Rheinland wurde für den bereits in der DDR ausgebildeten Künstler zum Experimentierlabor und Ausgangspunkt seiner Karriere, die ihn zu einem der teuersten lebenden Maler werden ließ. Im Rheinland leben auch die größten Sammlerinnen und Sammler von Werken Richters - Privatpersonen und große Unternehmen.

Schon 1964 hatte Richter seine erste Einzelausstellung bei dem Düsseldorfer Galeristen Alfred Schmela. Der Sammler Peter Ludwig erwarb früh Richters Bilder. Ein Aachener Sammlerkreis kaufte Richter, weil er von der Systematik seines Werkverzeichnisses fasziniert war. Der Sammler Hans Grothe rief 1973 bei Richter an und bat ihn um eine Auswahl von zwölf Bildern.

Seit den 80er Jahren traten Firmen im großen Stil als Sammler auf - die damalige Victoria-Versicherung (heute Ergo) hat bis heute zwei monumentale Richter-Gemälde in ihrem Eingangsbereich - um die Ecke vom Kunstpalast. Und auch die Unternehmen Haniel, Henkel und Bayer statten ihre Firmenzentralen mit Richter-Bildern aus.

Die ganze Bandbreite des Werks

Teilweise sind die Sammler heute so betagt wie Richter selbst, teilweise sind sie jung, erzählt Heinzelmann. So kommt es, dass die Ausstellung mit mehr als 120 Arbeiten die ganze Bandbreite von Richters Werk umfasst - von den Anfängen in den frühen 1960er Jahren bis zu seinen letzten Gemälden, die 2017 das Atelier verließen.

Von mehr als 80 Gemälden sei etwa die Hälfte zuvor nie oder nur äußerst selten ausgestellt worden, sagt Heinzelmann, der Professor für Museale Praxis an der Ruhr-Uni Bochum ist. Dazu gehört auch eine Kartonröhre von 1965, die auch nur einmal 1965 gezeigt worden war. Der Besitzer hat die Röhre behutsam auf eine weiße Marmorstufe gesetzt. Auch das ist eine Besonderheit der Ausstellung. Die Werke kamen so, wie sie bei den Besitzern hängen - ohne Rahmen, mit Rahmen, manchmal mit doppeltem Rahmen oder hinter Glas.

„Die Leihgeber sind alle großartig, aber manche musste man ein bisschen überreden, sagt Heinzelmann. Er hat sich zu strikter Verschwiegenheit verpflichtet, wer sie sind. Fotokünstler Andreas Gursky war einer der wenigen, der seinen Namen als Sammler offenbarte und das Bild „Weinernte“ (1968) zur Verfügung stellte.

Von der Kuh bis zur Wolke

Das früheste Bild mit der Nummer 15 im Werkverzeichnis ist die schwarz-weiße „Kuh“, die Richter 1964 auf dem Rundgang der Kunstakademie präsentierte und die aus der Sammlung Grothe stammt. Damals entwickelte Richter die Technik, Fotovorlagen virtuos abzumalen und zu verwischen. Bei der „Kuh“ schob er humorvoll auch noch das Wort ins Bild, so dass es wirkt wie aus dem Lesebuch für Erstklässler.

Ganz untypisch für Richter erscheint eine farbenfrohe Wolkenstudie von 1970. Es gebe keine Literatur darüber, aber das Bild sei offensichtlich am Spätbarock und Engelsfiguren orientiert, sagt Heinzelmann. Wo es normalerweise hängt, verrät er natürlich nicht.

Richter im Bad

Genauso wenig gibt Heinzelmann preis, bei wem er ein kleines Richter-Bild im Bad entdeckt hat. Er glaube zwar nicht, dass in dem Raum heute noch gebadet werde. „Aber trotzdem war ich verblüfft.“ In einer anderen Wohnung hing über einem Bett im Schlafzimmer ein Richter.

Einmal kam Heinzelmann in ein Haus, wo ein großes Wolkenbild über dem Esszimmertisch hing. Die Familie habe zwar noch andere fantastische Bilder. „Aber das ist das zentrale Familienbild.“ Das Gemälde habe damit auch eine soziale Funktion. „Wenn sich die Familie an Weihnachten, zu Geburtstagen, zu Jubiläen trifft, dann sitzen sie unter diesem Bild zusammen.“

Richter hängt nicht nur bei Superreichen

Kunstpalast-Direktor Felix Krämer räumt mit der Vorstellung auf, dass nur sehr wohlhabende Leute Bilder von Gerhard Richter in ihren Wohnräumen hätten. „Also es sind auch ganz normale Menschen, die haben einen Gerhard Richter zu Hause, der vielleicht früh gekauft wurde“, sagt er. „Sie hängen im Esszimmer, sie hängen im Wohnzimmer, sie werden angeschaut und sie werden jetzt auch vermisst“, so der Museumsdirektor. „Diese Bilder sind im Prinzip ein bisschen wie Familie.“

Ein Bild wurde Heinzelmann erst kurz vor der Ausstellung angeboten: Das verwischte schwarz-weiße Bild einer Klopapier-Rolle. Doch es war zu spät und logistisch zu kompliziert, es noch in die Schau zu integrieren. „Dabei hängt das Bild nur wenige hundert Meter vom Kunstpalast entfernt.“

Richter selber war nach Worten Heinzelmanns angetan von der Ausstellung. Kürzlich habe er ihm den Ausstellungskatalog vorbeigebracht. „Den fand er ganz toll. Es sind natürlich alles Werke, die er kennt. Das sind jetzt keine Überraschungen.“

Manchmal gar im Bad - Verborgene Schätze von Gerhard Richter (2024)

FAQs

Why is Richter so important? ›

Richter has produced abstract as well as photorealistic paintings, and also photographs and glass pieces. He is widely regarded as one of the most important contemporary German artists and several of his works have set record prices at auction, with him being the most expensive living painter at one time.

Why is Gerhard Richter important? ›

With a career spanning from the 1960s to the present, Gerhard Richter (b. 1932) is widely celebrated as one of the most important artists of his generation. He has pursued a diverse and influential practice characterized by a decades-long commitment to painting and its formal and conceptual possibilities.

Did Richter beat Dracula? ›

Despite all his good traits and intentions, Richter enjoyed the thrill of battle so much that he felt empty after his defeat of Dracula, and felt like his usefulness in the world was over.

What is the main idea of the Richter scale? ›

The Richter scale measures the intensity or magnitude of an earthquake and represents the intensity with a scale ranging from 1 to 10. The Richter scale uses the value of the amplitude of the highest seismic wave. Seismic waves/activity are detected using a seismograph.

Who was Gerhard Richter inspired by? ›

Somewhat influenced at the time by the work of Picasso and of the Italian Socialist-Realist painter Renato Guttuso, both members of the Communist Party and thus among the few foreign contemporaries whose work was shown in East Germany, Richter started to experiment.

Is Gerhard Richter a good painter? ›

A Master of Painting

Over the six decades since, his work has spanned a multitude of subjects, styles, and mediums. Here, ahead of The Met's exhibition Gerhard Richter: Painting After All, see his art and hear from Richter himself through excerpts from interviews and the artist's notebooks.

What are some interesting facts about Gerhard Richter? ›

Born in 1932, Gerhard Richter has been making art for as long as many of us have been alive. He was 12 years old when his city of birth, Dresden, was bombed by allied forces during World War Two. He and his mother were living in a rural town outside of Dresden at the time.

When did Gerhard Richter get famous? ›

Although Richter gained popularity and critical praise throughout his career, his fame burgeoned during his 2005 retrospective exhibition, which declared his place among the most important artists of the 20th century.

How many paintings did Richter paint? ›

Gerhard Richter - 124 artworks - painting.

What technique does Gerhard Richter use? ›

Richter uses a homemade 'squeegee' to create his trademark gestural blur by dragging paint across the canvas surface, obliterating, concealing and distorting what lies beneath, 'I blur things to make everything equally important and unimportant,' Richter says.

Why is it important to understand the Richter scale? ›

It was invented in 1935 by Charles F. Richter of the California Institute of Technology as a mathematical device to compare the size of earthquakes. The Richter scale is used to rate the magnitude of an earthquake, that is the amount of energy released during an earthquake.

What did Richter contribute in biology? ›

Curt Paul Richter (February 20, 1894 – December 21, 1988) was an American biologist, psychobiologist and geneticist who made important contributions in the field of circadian rhythms. Notably, Richter identified the hypothalamus as a "biological pacemaker" involved in sleeping and wakefulness.

Why is Richter the strongest Belmont? ›

He is considered one of the most powerful and skillful Belmont characters in general. Unlike his ancestor Trevor Belmont, Richter is born into a lineage of magic users and can use magic, combining it with his regular fighting skills to become a formidable vampire hunter in Castlevania: Nocturne.

How powerful is the Richter scale? ›

In terms of energy, each whole number increase corresponds to an increase of about 31.6 times the amount of energy released, and each increase of 0.2 corresponds to approximately a doubling of the energy released.

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Author: Rubie Ullrich

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